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Verglichen mit beheizten Hallenbädern, in denen Temperaturen zwischen 26 und 31 Grad herrschen, ist man beim Freiwasserschwimmen einer viel größeren Temperaturspanne ausgesetzt. In Großbritannien (und auch in der Schweiz) können die Temperaturen der Binnengewässer zwischen 0 Grad im Winter und um die 25 Grad im Hochsommer betragen. Küstengewässer variieren zwischen niedrigen einstelligen Temperaturen bis weit über 10 Grad. Die Wassertemperatur hat einen enormen Einfluss darauf wie man schwimmt und wie lange man sicher im Wasser bleiben kann.

Kaltwasserschock

Für unerfahrene Schwimmer ist die größte Gefahr beim plötzlichen Eintauchen in Wasser, das viel kälter ist als man es gewohnt ist, der Kaltwasserschock. Dies ist die anfängliche und automatische Reaktion des Körpers auf einen rapiden Wechsel der Hauttemperatur. Er bewirkt unter anderem ein scharfes Einatmen, eine Beschleunigung der Atemfrequenz und einen Blutdruckanstieg. Typischerweise hält dieser Zustand bis zu einigen Minuten an. Für die Unvorsichtigen kann der Kaltwasserschock tödlich sein, besonders, wenn das scharfe Einatmen unter Wasser passiert. Wenn man außerdem Vorerkrankungen, wie ein Herzleiden oder Bluthochdruck hat, kann die plötzliche Blutdruckänderung Komplikationen verursachen. Deswegen sollte man langsam ins Wasser gehen und das Gesicht über Wasser halten bis man die Atmung wieder unter Kontrolle hat. Die Reaktion auf das kalte Wasser schwächt sich mit zunehmender Schwimmerfahrung und mentaler Vorbereitung ab.

Schwimmversagen

Das zweite Problem mit dem kalten Wasser ist, dass es zu „Schwimmversagen“ führen kann. Um im kalten Wasser die lebenswichtigen Organe im Rumpf zu schützen, limitiert der Körper den Blutfluss in die Extremitäten. Wenn dies im hohen Maße geschieht funktionieren Arme und Beine nicht mehr richtig und man kann nicht mehr schwimmen. Wenn du merkst, dass du langsamer wirst oder Schwierigkeiten beim Schwimmen bekommst, geh aus dem Wasser.

Hypothermie

Ein weiteres Risiko ist Hypothermie (Unterkühlung). Diese tritt ein, wenn man eine Verringerung der Körperkerntemperatur erleidet und kann letztendlich zu Bewusstlosigkeit und Herzversagen führen. Die Zeit, die man im kalten Wasser schwimmen kann ohne zu unterkühlen, wird unter anderem durch die Temperatur, die Körpergröße und Körperform und das Erfahrungslevel bestimmt. Du solltest mit kurzen Schwimmeinheiten beginnen und die eigenen Grenzen kennenlernen. Schwimm immer mit anderen Menschen. Wenn sich deine Schwimmfrequenz verringert oder du zu zittern beginnst, geh raus und wärm dich auf.  

After drop

Nach dem Schwimmen muss man sich auch mit einem Phänomen befassen, dass „after drop“ genannt wird. Dies tritt auf, wenn man aus dem Wasser kommt und das kalte Blut aus den Extremitäten wieder beginnt durch den Körper zu zirkulieren und dabei die Körperkerntemperatur senkt. Dies ist der Grund, warum man oft erst ein paar Minuten nach dem Schwimmen anfängt zu zittern. Um das Risiko hierfür zu verringern, zieh dich sofort um und beginn mit der oberen Körperhälfte. Zieh eine Mütze und Handschuhe an und genieß einen heißes (alkoholfreies) Getränk.  

Ein kurzer Leitfaden zu Freiwassertemperaturen

Temperatur in Grad Technische
Bezeichnung
Beschreibung
0-5 „sch***kalt“ Bevorzugte Temperatur der extremen Winterschwimmer. Erzeugt Schmerzen und raubt den Atem. Außer bei sehr erfahrenen Schwimmern und nur unter strikter Aufsicht sollte man sich auf wenige Minuten beschränken. Genieß die Energie hinterher.
5-10 „verdammt kalt“ Typische See- und Flusstemperaturen im Frühjahr. Noch immer schmerzlich kalt und nicht empfohlen für mehr als ganz kurzes Schwimmen (5-10 Minuten), außer für sehr erfahrene Schwimmer.
10-15 „frisch“ oder „nicht so warm wie man es mag“ Die meisten Freiluftgewässer in Großbritannien erreichen diese Temperaturen im späten Frühjahr. Die niedrigeren Temperaturen fühlen sich anfangs noch immer extrem kalt an, aber längere Einheiten sind jetzt möglich. Erfahrene Schwimmer können mehrere Stunden oder mehr schaffen, wenn das Wasser um die 15 Grad erreicht, aber Hypothermie ist immer noch ein großes Risiko.
15-20 „Ganz in Ordnung“ (wenn man sich daran gewöhnt hat) Der Ärmelkanal im Sommer. Wenn man bisher nur in einem Schwimmbad geschwommen ist fühlt sich dies noch kalt an, aber mit ein bisschen Erfahrung und Übung finden die meisten Menschen diese Temperaturspanne angenehm – zumindest am Anfang.
20-25 „Lau“ Wird selten im Meer um Großbritannien erreicht, aber manchmal in den Binnenseen. Wenn du gewöhnlich einen Neoprenanzug trägst kannst du ernsthaft darüber nachdenken ihn bei diesen Temperaturen auszuziehen um Überhitzen zu vermeiden. Sehr angenehm.
25-30 „Stickig“ Wie ein Schwimmbad. Manche Freiwasserschwimmer finden diese Temperaturen zu hoch um ernsthaft zu schwimmen. Nimm dir viel zu trinken mit. Trag keinen Neoprenanzug.
Über 30 „Heiß“ Vermeide anstrengende Schwimmeinheiten da jetzt das Risiko eines Hitzschlags besteht.

 
Beachte, dass Schwimmer sehr unterschiedliche Meinungen über angenehme Wassertemperaturen haben und jeder Körper unterschiedlich reagiert. Vertraue daher auf deine eigene Erfahrung und Wahrnehmung.

Von Simon Griffiths, Herausgeber „outdoor swimmer“, 8. Oktobar 2020, übersetzt von Marianne Forkel